Source language: German
(155) Gerd Zacher analysiert, wie auch andere, die erste Sonate als Auseinandersetzung des traditionellen Chorals mit den formalen Aspekten des Sonatenhauptsatzprinzips, wie es explizit im Kopfsatz geschehe, auf den die folgenden Sätze bezogen sind [68]. Diese Analyse sowie sein Versuch, den Choral "Was mein Gott will" aus dem ersten Satz bzw. dessen erste Zeile in allen Sätzen nachzuweisen [69], mag problematisch und im einzelnen angreifbar sein. Tatsächlich kann man den ersten Satz nur mit einiger Mühe als Sonatenhauptsatz im engeren (156) Sinne versehen [70]. Außerdem handelt es sich teilweise um relativ uncharakteristische Wendungen des Chorals, die als Verbindungen zwischen den Sätzen angesehen werden, so dass ein Zusammenhang nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann. Aber nicht, ob nun Wendungen unmittelbar aus dem Choral abgeleitet sind, ist entscheidend, sondern die deutlich gemachten Bezüge. Darin zeigt sich die zugrundeliegende Idee, die diese zyklisch Form bestimmt. Alle Sätze sind dialogisch und kontrastiv strukturiert. Das tritt durch den Einsatz der verschiedenen Werke der Orgel und durch große dynamische Brüche hervor. In dieser Art stehen sich auch Kopfsatz und Finale gegenüber. Zwischen ihnen gibt es eine Entwicklung. In ersterem dialogisieren Fugato bzw. dessen Thema und Choral, in letzterem virtuoses Spielwerk und schlichte liedhafte Melodie. Auch in den Orgelsonaten dient der Choral nirgends der Überhöhung am Ende der musikalischen Entwicklung. Selbst das ff-Zitat zum Schluss des ersten Satzes die zwei Choralzeilen im dynamischen Kontrast gegenüberstehen [71]. Die dialogisch Struktur wird fortgeführt.